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Ein Interview mit der Klasse 10a im „Journal“ des Stuttgarter Staatstheaters zum Thema Reality Show bzw. Scripted Reality.
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Laufen statt Latein, Helfen statt Homer und Spenden statt Spartakus – wenn an diesem Freitagmorgen ab 9.00 knapp 500 Schülerinnen und Schüler durch den Stuttgarter Killesbergpark rennen, so sind sie nicht etwa auf dem Nachhauseweg oder auf dem Sprung ins Freibad, sondern unterwegs, um zu helfen. „Helfen? -Läuft!“, unter diesem Motto sammeln die Schüler des Stuttgarter Karls-Gymnasiums fleißig Spenden für jene, die Hilfe benötigen. Bei jeder gelaufenen Runde klingelt die Kasse für einen guten Zweck – die Einnahmen des Spendenlaufs kommen vollständig der Stuttgarter Vesperkirche zugute.
„Zentrale Gebote des Humanismus sind Solidarität und Nächstenliebe“, sagt Schülersprecher Marcel Schliebs, „und so haben wir nicht lange gezögert, als die Idee aufkam, die diesjährigen Projekttage einem guten Zweck zu widmen.“ Am humanistischen Karls-Gymnasium fand das Projekt bei Schülern, Eltern sowie Lehrern schnell großen Anklang, alle stehen dieser Tage mit vereinten Kräften hinter der einen Sache, für die sich alle einsetzen.
„Uns allen geht es gut“, merkt Schülersprecherin Franziska Badenhausen an, „doch leider gibt es in Stuttgart viel zu viele Menschen, die jeden Winter hungern und frieren müssen“. Knapp 800 Obdachlose, Verarmte und Bedürftige kommen Winter für Winter täglich in der Leonhardskirche zusammen, um sich bei warmem Essen und in geselliger Gemeinschaft aufzuwärmen. Für viele, die dort hinkommen, bedeutet dieser Ort jedoch weit mehr als eine reine Nahrungsquelle – die Vesperkiche ist ein eine Heimat für die Heimatlosen dieser Stadt.
Umso wichtiger ist es den Schülern des Karls-Gymnasiums deshalb, dass die Vesperkirche auch in Zukunft überleben und weiter bestehen kann. „Wir hoffen schon, mit ein wenig Glück an einem fünfstelligen Betrag kratzen zu können“, gesteht Alexander Schulz, Schüler am KG und einer der Mitinitiatoren des Projektes. Gemeinsam mit den Verbindunslehrern Doreen Herms-Abodji und Tobias Uhl arbeiten die Schüler des Gymnasiums seit Monaten daran, Spenden für das Hilfsprojekt in der Leonhardskirche zu sammeln. Dennoch geht es bei dem Spendenlauf nicht primär nur ums Geld, im Gegensatz zu einem Marathon ist es nicht das Ziel, die anderen hinter sich zu lassen. Gelaufen wird nicht gegeneinander, sondern für eine gemeinsame Sache, das macht den Geist des Projektes aus.
Wenn die Schüler des Karls-Gymnasiums am heutigen Freitag ungeduldig in ihren Startblöcken stehen, so sind sie keineswegs Laien, sondern wahre Experten, wenn es um soziale Mithilfe und Solidarität in unserer Gesellschaft geht. Dafür gesorgt hat ein spezieller Projekttag am gestrigen Donnerstag, an dem Jahrgangsstufenschüler gemeinsam mit Lehrern den jüngeren Kindern verschiedene soziale Einrichtungen und Organisationen näher gebracht haben. Von der Diakonie über Brot für die Welt und Asylbewerberheimen bis hin zum Café Strichpunkt, einer Anlaufstelle für jugendliche Prostituierte – kaum ein sozial relevantes Thema wurde in den 16 Klassen der Stuttgarter Schule ausgelassen.
Dass die diesjährigen Projekttage ein voller Erfolg sind, freut auch Dieter Elsässer, Schulleiter des Karls-Gymnasiums Stuttgart: „Es ist toll, dass sich unsere Schüler und Lehrer so engagiert für diesen guten Zweck einsetzen“, bemerkt er stolz, „denn Menschlichkeit und gegenseitige Unterstützung sind elementare Bestandteile unseres humanistischen Leitbildes.“
Wenn sich die fast 500 Schüler des Stuttgarter Gymnasiums nun heute auf ihre Runden durch den Killesbergpark machen, so stehen im Mittelpunkt nicht nur Spaß und Freude, sondern auch das Bewusstsein, durch soziales Engagement und Menschlichkeit einen kleinen Beitrag zu einer besseren Welt geleistet zu haben. Ganz im Sinne des Humanismus eben.
Stuttgarter Zeitung, Innenstadtteil vom 13. Juli 2013„Aedificatum sub Karolo“ steht unter dem Giebel des Karls-Gymnasiums in der Tübinger Straße geschrieben. Von unten ist der Schriftzug kaum zu lesen; Beobachter müssen schon genau hinschauen. Die Widmung am Eingang bedeutet aus dem Lateinischen übersetzt „Erbaut unter Karl“. Der dritte württembergische König Karl gründete das Karls-Gymnasium am 24. Mai 1881. Wert legte er dabei auf das „s“ am Ende von Karl in Karls-Gymnasium. Der König hatte seinem neuen Gymnasium den Namen nämlich nicht aus phonetischen Gründen verliehen. Im Gegensatz zu seiner Gattin Olga, die acht Jahre zuvor das Königin-Olga-Stift gegründet hatte, legte er Wert darauf, zu verstehen zu geben, dass diese Schule ihm gehört.
Vier Jahre später begnügte sich der König mit der oben genannten Inschrift, um unter dem Giebel auf den Bauherren des Gebäudes hinzuweisen. Zum Zeitpunkt der Gründung des Gymnasiums gab es das Gebäude noch nicht, dieses wurde erst vier Jahre später, am 15. Oktober 1885, feierlich eingeweiht. „Man behalf sich bis dahin solange noch mit anderen Gebäuden“, weiß der heutige Schulleiter Dieter Elsässer.
Das zweite humanistische Gymnasium Stuttgarts
Die Schule hat deshalb gewissermaßen zwei Gründungsdaten. Bis zur Gründung gab es in Stuttgart nur ein einziges humanistisches Gymnasium: das im Jahre 1686 eingeweihte Gymnasium illustre, das heutige Eberhard-Ludwigs-Gymnasium (Ebelu), eine der ältesten Schulen Stuttgarts, dessen Wurzeln bis ins 14. Jahrhundert zurückreichen. Da in den Jahren vor der Gründung des Karls-Gymnasiums aber so viele Schüler in Stuttgart Latein lernen wollten, reichte der Platz im Ebelu nicht aus. Es war schlicht und einfach zu eng im Gymnasium illustre geworden.
Die Schülerzahlen hatten sich innerhalb von einem knappen Jahrzehnt verdoppelt: Waren es 1871 noch 515 Schüler gewesen, so wurden im Jahr 1879 bereits 1050 Humanisten gezählt. Eine Teilung des Ebelu wurde deshalb unerlässlich. Im Mai 1881 übernahm das Karls-Gymnasium 18 der 39 Klassen des Gymnasium illustre, welches fortan nach seinem Gründer Eberhard Ludwig benannt wurde. Bis heute sind die beiden Schulen die einzigen humanistischen Gymnasien Stuttgarts. Das denkmalgeschützte Gebäude des Karls-Gymnasiums wurde in den Jahren 1883 bis 1885 vom Stadtbaurat Adolf Wolff erbaut. Die Fassade ist im Stil der italienischen Renaissance gegliedert, Detailformen sind der deutschen Renaissance entnommen. Trotz mehrerer Fliegerangriffe im Zweiten Weltkrieg steht das Gebäude noch immer.
Der erste Schulleiter des Karls-Gymnasiums, Max Planck, war von dem italienischen Renaissancebau begeistert: „Die leichten, anmutigen Formen des neuen Gebäudes, die harmonischen Gliederungen der Fassade erinnern an jene Zeit, wo von Italien her Sinn und Geschmack für das Antike sich über das nördliche Europa verbreitete“, sagte der Rektor in seiner Rede anlässlich der Einweihung des Gebäudes.
Hochbegabtenzug und europäisches Abitur
Bis zu seinem 100. Geburtstag war das Karls-Gymnasium ein altsprachliches Gymnasium geblieben. In den letzten 31 Jahren hat sich das Schulprofil jedoch bemerkenswert geändert: Die Schule ist seit dem Jahr 2006 ein humanistisches Gymnasium mit einem Regelzug sowie einem Hochbegabtenzug. Heute gilt es als Expertenschule für Hochbegabtenförderung. Noch immer lernen alle Schüler dort die Sprachen Latein und Altgriechisch. Doch dabei ist es nicht geblieben. Seit kurzem darf sich die Schule auch Europäisches Gymnasium nennen. „Die Schüler lernen zwei alte und zwei neue Sprachen“, erklärt der Schulleiter Dieter Elsässer die Voraussetzungen für diesen Titel. Bis zum Abitur müsse ein Schüler jeweils eine alte und eine neue Sprache lernen, damit er oder sie ein europäisches Abiturzeugnis verliehen bekomme, sagt Elsässer.
König Karl wäre mit Sicherheit stolz angesichts dessen, was aus seiner Schule geworden ist. Schließlich war sie lange die einzige in Stuttgart mit Hochbegabtenzug.
Nina Ayerle, Stuttgarter Zeitung vom 9. August 2012Eine PDF Version des Artikels kann hier heruntergeladen werden
Mit einem Festakt in der Liederhalle feierten Schüler, Lehrer, Freunde und Ehemalige des Karls-Gymnasiums am Samstag dessen 125-jähriges Bestehen. Im humanistischen Geiste soll an Stuttgarts zweitältestem Gymnasium auch fürs Leben gelernt werden, nicht nur für gute Noten. Denn „Bildung bedeutet Freiheit und Unabhängigkeit“.
Steffen Rometsch, Stuttgarter Nachrichten vom 16. Oktober 2006Eine PDF Version des Artikels kann hier heruntergeladen werden
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Das Karls-Gymnasium in der Tübinger Straße ist mit rund 480 Schülern und 50 Lehrern eine überschaubare Innenstadtschule. Die renommierte Lehranstalt ist den
Idealen des Humanismus verpflichtet und geht zugleich mit der Verbindung von Natur- und Geisteswissen- schaften und in der Begabtenförderung neue Wege.
Stuttgarter Amtsblatt vom 12. Oktober 2006
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Die humanistische Anstalt feiert 125-jähriges Bestehen – Eliteförderung und Regelklassen bestehen nebeneinander.
Jubiläum am Karls-Gymnasium: gefeiert werden 125 Jahre humanistische Bildung, aber auch das gedeihliche Miteinander von normalen und hochbegabten Gymnasiasten. Denn auch die Eliteförderung hat hier bereits Tradition. Die Schule kann sich vor Anmeldungen kaum retten.
Nicht ohne Stolz blickt man am Karls-Gymnasium auf die eigenen humanistischen Wurzeln und auf so prominente Schüler wie Eugen Bolz, Carlo Schmid oder Rolf Thieringer zurück. Stammt die Schule doch, wie auch das Eberhard-Ludwigs-Gymnasium, direkt vom „Gymnasium illustre“ ab. Das hatte schon damals so viel Zulauf von Kindern, die Latein und Griechisch lernen sollten, dass 1881 eine zweite humanistische Schule gegründet wurde: das Karls-Gymnasium. Den Namen erhielt es höchstselbst vom dritten württembergischen König Karl.
550 Schüler besuchten die Schule, die erst im alten Polytechnikum in der unteren Königstraße sowie im Mäntlerschen Haus gegenüber der Stiftskirche angesiedelt war, bevor kurz darauf das Gebäude an der Tübinger Straße 38 bezogen werden konnte. Die Schule blieb vom Bombenhagel verschont – und ist bis heute dort untergebracht.
Heute sind es übrigens kaum weniger Schüler, nämlich 498. Allerdings haben die wenigsten von ihnen einen Schulweg, den sie zu Fuß bewältigen können. Viele kommen aus Orten, die gerade noch mit der S-Bahn zu erreichen sind. Und das hat mehrere Gründe. Erstens wohnen gar nicht mehr so viele Familien in der Innenstadt, und die Konkurrenz der Innenstadtgymnasien ist groß. Zweitens bietet das Karls-Gymnasium ein Profil, das in seiner Art einzigartig ist.
Einerseits Latein und Griechisch, andererseits Mathematik und Naturwissenschaften: das sind von jeher die Schwerpunkte – und die ziehen auch heute noch. Doch inzwischen bietet das Gymnasium längst auch moderne Fremdsprachen an: Englisch in Klasse fünf zusätzlich und Französisch in Klasse 8 wahlweise statt Griechisch. Wem das noch nicht genügt, der kann in der neunten Klasse noch zusätzlich Spanisch lernen.
Ins „KG“ kommen auch viele Kinder, denen das normale Programm noch zu wenig Futter bietet. Seit 1991 bietet die Schule Spezialklassen für Hochbegabte an, die zunächst als Eliteklassen sehr kritisch beäugt wurden. Seit 2002 gibt es den so genannten G8-plus-Zug, der sich durch ein höheres Lerntempo und mehr Stoff auszeichnet, jedoch ohne zusätzliche Stunden auskommt. Das Besondere daran ist das Fach Mensch und Natur, das von einem Lehrerteam unterrichtet wird, bestehend aus einem Geistes- und einem Naturwissenschaftler. So lernen die Schüler nicht nur aus lateinischen Schriften etwas über die Römer und ihre Heizungen, sondern bauen sie auch gleich nach.
Dieses Modell ist so beliebt, dass es jetzt auch in den Hochbegabtenzug übernommen wurde, den die Schule seit diesem Schuljahr anbietet, als eines von vier landesweiten Pilotprojekten. Doch von 66 Bewerbern bestanden nur 40 den IQ-Test, 27 nahm das Gymnasium auf. Schulleiter Dieter Elsässer betont zwar: „Wir sind eine Schule für ganz normale Schüler.“ Denn es gebe ja in der Jahrgangsstufe fünf auch zwei Regelklassen. Doch die Altersspanne ist hier an vielen Klassen größer als an anderen Schulen. So ist der jüngste Fünftklässler gerade mal sieben Jahre alt, und mancher Abiturient absolviert die Reifeprüfung mit 15 Jahren. Ein Lehrer berichtet, dass rund ein Drittel seiner Schüler mindestens eine Klasse übersprungen habe.
Unter den Schülern selbst werden Vorbehalte gegen die Käpsele durch gemeinsame Schullandheime, Projekte und Brettspielnachmittage rasch abgebaut, berichtet der Schülersprecher Rainer Hawlik. Das gefällt auch den Eltern. Die Schule sei „kein abgehobenes Hochbegabtengymnasium“, betont die Elternbeiratsvorsitzende Christine Heinkele. Und noch etwas kommt gut an. Unterrichtsausfall, erklärt Elsässer, gebe es praktisch nicht.
Inge Jacobs, Stuttgarter Zeitung vom 11. Oktober 2006Die Schüler lernen Griechisch und Latein, ein Teil von ihnen besucht den Zug für Hochbegabte mit einem IQ von über 130. Trotzdem will das Karls- Gymnasium keine Eliteschule sein, sondern eine große Familie. Im Oktober feiert eine der traditionsreichsten Bildungsanstalten in Stuttgart das 125-jährige Bestehen.
Michael Gerster, Stuttgarter Nachrichten vom 10. Oktober 2006Eine PDF Version des Artikels kann hier heruntergeladen werden
Das Stuttgarter Karls-Gymnasium hat als eine der ersten Schulen Westdeutschlands das Abitur nach der zwölften Klasse erprobt. Doch nur wenige Schüler eignen sich für das Kurzmodell.
Schon als Knirps kapierte Constantin alles ein bisschen schneller als seine Mitschüler. Sein Grundschullehrer wandte sich an die Eltern: Er könne diesem Kind kaum gerecht werden, Constantin müsse im Unterricht öfter mal eine halbe Stunde ruhig in der Ecke sitzen.
Zu Hause nervte der Junge seine Eltern mit unstillbarem Wissensdurst. „Er hat unheimlich viel gefordert“, erinnert sich Anette Brecht-Fischer, Constantins Mutter. „Jedes Wochenende mussten wir mit ihm in irgendein Museum fahren, ständig Wissen nachfüttern.“
Inzwischen ist Constantin 17. Im Sommer wird er sein Abiturzeugnis in Händen halten – mit dem Zusatz: „Diese Hochschulreife wurde im achtjährigen Bildungsgang erworben“. Er ist einer der ersten Absolventen eines Schulversuchs, der seit Anfang der neunziger Jahre am Stuttgarter Karls-Gymnasium läuft.
Besonders begabte Kinder, die sich im regulären Unterricht langweilten und unterfordert fühlten, können dabei das Gymnasium in acht statt der üblichen neun Jahre hinter sich bringen.
„Es war schon meine eigene Entscheidung, auf diese Schule zu wechseln“, sagt Constantin. Um den schnellen Weg zum Abi zu gehen, nahm er auch den langen Anfahrtsweg aus einem Stuttgarter Vorort zur Schule in der Innenstadt in Kauf.
Hartmut Schmid, Schulleiter am Karls-Gymnasium, hat den Modellversuch 1991 zusammen mit dem Lehrerkollegium aufgebaut. „Damals war das total gegen den Trend“, erzählt er. „Es hatte natürlich den Ruch der Elitenbildung, und dieser Begriff war noch viel negativer besetzt als heute.“
So mussten sich Eltern und Lehrer viel Kritik gefallen lassen. Kollegen an an- deren Schulen äußerten sehr deutlich ihre Missbilligung, und manche Eltern wurden auf der Straße gefragt, wie sie ihren Kindern so etwas antun könnten. „Das ging so weit“, berichtet Schulleiter Schmid, „dass auf einmal wildfremde Leute ins Klassenzimmer stürmten und sagten: ‚Wir wollten nur mal gucken, wie die aussehen.‘“
Das passiert längst nicht mehr. Als im vergangenen Jahr die erste „Turbo-Klasse“ entlassen wurde, schaute wieder einmal die Lokalpresse herein und notierte Abi-Schnitte. Doch ansonsten gehören die Modellklassen zum ganz normalen Schulalltag. Eine so genannte G8-Klasse gibt es pro Jahrgang. Parallel dazu läuft weiterhin das übliche Programm: neun Jahre bis zur Hochschulreife.
Ein Versuch ist G8 mittlerweile auch nicht mehr. Im vergangenen Jahr hat der baden-württembergische Landtag beschlossen, das Modell als Option im Schulgesetz festzuschreiben. Theoretisch können nun alle Gymnasien im Land G8-Züge einrichten. Bislang haben sich knapp 50 Schulen dazu entschlossen.
Das Karls-Gymnasium selbst erweckt nicht den Eindruck, als geschehe hier etwas Besonderes. Ein wenig gepflegter vielleicht als manch andere Schule steht der helle Altbau im Zentrum Stuttgarts, doch im Inneren herrscht alles andere als akademische Ruhe. Kreischende Fünftklässler bevölkern die Flure; unmöglich zu entscheiden, ob sie dem G8- oder G9-Zweig angehören. Im Vorzimmer des Direktors türmen sich Koffer, Taschen und Musikinstrumente – der Aufbruch zur Orchesterfreizeit steht bevor.
Klassenfahrten, Chor- oder Orchesterfreizeiten sind am Karls-Gymnasium Gelegenheiten, bei denen sich G8- und G9-Schüler kennen lernen. Gemeinsam unterrichtet werden die Schüler erst in den letzten zwei Jahren vor dem Abitur, im Kurssystem der Oberstufe.
Doch es gibt keine Schwierigkeiten mit dem Nebeneinander der Systeme. „Wir haben hier einfach zwei Wege zu einem Ziel“, betont Schmid. Nur einmal, vor einigen Jahren, habe es böses Blut unter der Elternschaft gegeben – als nämlich der Plan diskutiert wurde, den G-8-Schülern Bonuspunkte bei der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) zu gewähren. Die Idee wurde verworfen.
Michael, 18, der im vergangenen Jahr sein G8-Abitur gemacht hat, fühlte sich in der Oberstufe auch unter G9-Schülern wohl. „Klar habe ich gemerkt, dass ich jünger war als die anderen“, sagt er. Aber ein Problem sei das nicht gewesen.
Fiona, 18, geht in die 13. Klasse des G9-Zugs und betrachtet ihre jüngeren Mitschüler nicht als Streber. Dass sie selbst 13 Jahre zur Schule gehen muss, bedauert sie nicht. „Es wird ja immer so viel von Studierfähigkeit geredet“, überlegt die Abiturientin, „da sollte man vielleicht statt einer Verkürzung lieber zusehen, dass die 13 Jahre Schulzeit besser genutzt werden.“
Der Lehrstoff des eingesparten Schuljahrs wird im G 8 auf die Unter und Mittelstufe verteilt. Der Fremdsprachenunterricht beginnt ein Jahr früher als für die G9-Schüler. Wie der G8-Unterricht jedoch wirklich ablaufen würde, das wusste zu Beginn des Schulversuchs keiner so genau. „Es war schon Pionierarbeit“, sagt Gudrun Klane-Kaiser, Lehrerin für Deutsch, Spanisch und Französisch. „Aber auf der anderen Seite hatten wir alle Freiheiten. Wenn wir gesehen hätten, dass das G8 keine Zukunft hat, hätten wir uns das eingestehen können.“
Etwa 20 Prozent eines Gymnasiasten-Jahrgangs bringen die nötigen Voraussetzungen für den gestrafften Bildungsgang mit. Das ist das Ergebnis einer jahrelangen wissenschaftlichen Evaluation des Stuttgarter Schulversuchs, die Kurt Heller, Psychologie-Professor an der Universität München, durchgeführt hat.
Bis zum Jahr 1997 brauchten G8-Anwärter noch ein besonderes Gutachten ihrer Grundschule. Inzwischen genügt die Gymnasialempfehlung; die Eltern können entscheiden, ob sie ihr Kind im G8 anmelden. Die neue Wahlfreiheit könnte zum Problem werden: „Seither hat sich die Zahl der Kinder, die eigentlich nicht ins G8 gehören, deutlich erhöht“, berichtet Lehrer Heiner Hoffmeister vom Karls-Gymnasium.
Auch deswegen sei es nötig, weiterhin beide Züge anzubieten. „Für die G8- Schüler ist es wichtig, dass sie nicht auch noch das Haus wechseln müssen, wenn sie nicht zurechtkommen“, meint Hoffmeister. Und Schulleiter Schmid ergänzt: „Wer vom G8 ins G9 wechseln muss, landet immerhin weich.“
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